Freitag, 22. Mai 2020

Intensive und übermäßige Erzeugung von Fleisch, Milch und anderen Tierprodukten ist wichtige Ursache für den Klimawandel.


„Globale Biodiversität in der Krise – Was können Deutschland und die EU dagegen tun?“ Mit dieser Frage befasst sich das heute veröffentlichte Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Aus den Erkenntnissen leiten sich Handlungsempfehlungen ab, die beispielsweise in die deutsche nationale Biodiversitätsstrategie oder auch in das noch zu beschließende neue Arbeitsprogramm 2021-2030 zum UN Übereinkommen über die biologische Vielfalt eingehen sollen. Die Ökosystemforscherin Almut Arneth vom KIT gehört zu den zwölf Autoren des Diskussionspapiers. „Der Verlust an Biodiversität gehört wie der Klimawandel zu den größten Herausforderungen, vor denen die Menschheit zurzeit steht“, sagt Almut Arneth, Professorin am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) am KIT Campus Alpin in Garmisch-Partenkirchen. „Beide Probleme beeinflussen sich wechselseitig und lassen sich nur gemeinsam lösen. Biodiversitätsschutz trägt auch zum Klimaschutz bei – und umgekehrt.“
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus verschiedenen Bereichen der Biologie, Ökologie, Ökonomie und Anthropologie kommen, in dem Diskussionspapier feststellen, ist die weltweite Biodiversitätskrise vom Menschen verursacht. „Ein Großteil der Abnahme der globalen Biodiversität ist auf den Landnutzungswandel und die intensive agrarische Nutzung zurückzuführen“, erklärt Arneth. Dabei wirkten sich unter anderem die Umwandlung von natürlichen Wald- und Grasflächen in landwirtschaftlich genutzte Flächen, der Düngemitteleinsatz, die Agrarbewässerung, der Pestizideinsatz und der Ausstoß von Treibhausgasen aus. „Die intensive und übermäßige Erzeugung von Fleisch, Milch und anderen Tierprodukten bildet eine wichtige Ursache für den Biodiversitätsverlust wie für den Klimawandel“, ergänzt die Ökosystemforscherin. Diese Produktion sei außerordentlich flächenintensiv und beanspruche 60 bis 70 Prozent der globalen wie auch der europäischen Agrarflächen. Andererseits lieferten Fleisch und Milch weniger als 20 Prozent der globalen Nahrungsmittelkalorien.

Da die Staaten der Europäischen Union über 600 000 Quadratkilometer Landflächen außerhalb von Europa für die Einfuhr von Agrar- und Holzprodukten beanspruchen, zur Überfischung und Nährstoffanreicherung der Meere beitragen sowie fast zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen, tragen sie eine erhebliche Mitverantwortung an der globalen Biodiversitätskrise, wie die Autoren des Papiers weiter ausführen. Almut Arneth erklärt die Konsequenzen: „Agrar- und Fischereipolitik müssen sich unter den Aspekten des Klima- und Biodiversitätsschutzes neu ausrichten. Ein umfassendes Netz von Schutzgebieten sollte den Schutz der biologischen Vielfalt sicherstellen. Und Kosten von Umweltzerstörung und Klimawandel sollten sich viel direkter in Produktpreisen widerspiegeln – als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tragen wir sie ja sowieso.“

Die Vielfalt der Arten, die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme auf der Erde sichern die Lebensgrundlagen aller Lebewesen und damit auch aller Menschen. Denn die Biodiversität reguliert fundamentale Prozesse wie Bodenbildung, Klima, Wasser-, Gas- und Nährstoffkreisläufe. Die biologische Vielfalt nimmt jedoch kontinuierlich ab. Inzwischen erreicht dieser Verlust ein bedrohliches Ausmaß: Forscher rechnen damit, dass rund eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind und viele davon bereits innerhalb der nächsten Jahrzehnte aussterben könnten – mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Drei Viertel der natürlichen Land- und Süßwasserökosysteme und rund zwei Drittel der Meeresökosysteme sind bereits erheblich beeinträchtigt oder teilweise zerstört.


Die Autoren formulieren ihre Handlungsempfehlungen als einen Zehn-Punkte-Plan zum Biodiversitätsschutz, der sich auf Landnutzung, Landwirtschaft und Verbraucherverhalten sowie Schutzgebiete und Wälder bezieht. Unter anderem sollen überhöhter Fleischkonsum und Nahrungsmittelverschwendung in Deutschland und Europa reduziert werden, beispielsweise durch Ernährungsempfehlungen, entsprechende Angebote in Kantinen sowie die Aufhebung von Umsatzsteuervergünstigungen für Fleisch und Fleischprodukte. Die EU-Agrarpolitik soll umwelt- und grundwasserschonende Bewirtschaftungsformen unterstützen. Die Biotopvielfalt in der Agrarlandschaft soll durch Tümpel, Hecken, Schutzstreifen an Waldrändern und Stilllegungsflächen sowie wirksame Biotopverbünde und Korridore gefördert werden. Deutschland und die EU sollen eine politische Initiative zur Einrichtung, Überwachung und Finanzierung von Schutzgebieten starten, um die Biodiversität auf mindestens 30 Prozent der Landfläche aller Ökoregionen der Erde und auf 40 Prozent der Meeresfläche zu bewahren. In der bevorstehenden 15. Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD-COP 15) sehen die Forscherinnen und Forscher eine Chance, Beschlüsse zu fassen, die – falls sie denn umgesetzt werden – die Biodiversitätskrise entschärfen helfen, mit Mehrwert für den Klimaschutz und das Wohlergehen der Menschheit.

Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina (Hrsg.): Globale Biodiversität in der Krise – Was können Deutschland und die EU dagegen tun? Diskussion Nr. 24, Halle (Saale) 2020.

Das Diskussionspapier steht zum Download bereit unter:

https://www.leopoldina.org/publikationen/detailansicht/publication/globale-biodiversitaet-in-der-krise-was-koennen-deutschland-und-die-eu-dagegen-tun-2020


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Donnerstag, 21. Mai 2020

Pfingsten - Einander-Halt-Geben auch über die geschlossenen Grenzen hinweg.



In anderer Form: Pfingstaktion von Renovabis. - Am Pfingstsonntag zeigen sich die katholischen Christen in Deutschland solidarisch mit den Glaubensgeschwistern in Osteuropa. Die Spendensammlung für das Hilfswerk Renovabis wird üblicherweise durch zahlreiche Veranstaltungen begleitet. Aufgrund der Corona-Pandemie kann die Pfingstaktion in diesem Jahr jedoch nicht wie geplant, bzw. nur mit erheblichen Einschränkungen stattfinden. Renovabis lädt deshalb von jetzt bis zum Pfingstsonntag zu zwei „Renovabis-Solidaritätswochen“ in den Kirchengemeinden ein. Das Motto der diesjährigen Aktion lautet „Selig, die Frieden stiften – Ost und West in gemeinsamer Verantwortung“. Dabei geht es um das Einander-Halt-Geben auch über die geschlossenen Grenzen hinweg und um praktische Zeichen der Solidarität in Form von Spenden für besonders bedürftige Menschen im Osten Europas.

Zuletzt hat Renovabis die Projektpartner in der Corona-Krise mit Soforthilfen von rund einer halben Million Euro unterstützt. Seit dem Ausbruch der Pandemie verzeichnet das Hilfswerk aus vielen seiner 29 Partnerländer im Osten Europas immer mehr Hilferufe. Ab Christi Himmelfahrt wird gemeinsam mit Partnern in der Ukraine und anderswo die Pfingstnovene gebetet. Am Pfingstsonntag (31. Mai 2020) werden die „Renovabis-Solidaritätswochen“ mit einer Eucharistiefeier mit Erzbischof Stephan Burger aus dem Freiburger Münster beschlossen.

In ihrem Aufruf zur Unterstützung der diesjährigen Aktion würdigen die deutschen Bischöfe die Friedensarbeit, die Renovabis leistet. „Auch in Europa ist Frieden keine Selbstverständlichkeit. Viele Länder im Osten des Kontinents sind 30 Jahre nach dem Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft innerlich zerrissen, manche auch äußerlich bedroht. Gewaltbelastete Vergangenheit und aktuelle Konflikte gefährden die Zukunft“, so die Bischöfe. Aber es gebe auch Grund zur Hoffnung. Gerade die Kirche leiste wichtige Beiträge für Verständigung und eine friedliche Entwicklung. Deshalb werden die Gläubigen aufgerufen, die Menschen in Mittel-, Südost- und Osteuropa durch Interesse, Gebet und Spenden zu unterstützen.

Da aufgrund der Corona-Pandemie öffentliche Gottesdienste derzeit nur eingeschränkt stattfinden und die Kollekte am Pfingstsonntag nicht in der gewohnten Form gehalten werden kann, bitten die Bischöfe auch um Spenden direkt an das Hilfswerk Renovabis.

Das Spendenkonto lautet: Renovabis e. V., IBAN: DE94 4726 0307 0000 0094 00, BIC: GENODEM1BKC, Bank für Kirche und Caritas eG. Die Spenden können auch an die Pfarrei übermittelt werden. Dabei sollten Umschläge mit dem Hinweis „Spende Renovabis“ versehen werden. Auf Wunsch stellt die Pfarrei auch gerne eine Spendenbescheinigung aus.

Weitere Informationen zur Pfingstaktion sind unter www.renovabis.de verfügbar.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                

Die Deutsche Bischofskonferenz
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Freitag, 1. Mai 2020

Pabst: Jede Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz tritt die Würde mit Füßen


„Man kann arbeiten, wenn die Bedingungen stimmen und die Würde der Person respektiert wird.“ - Am Fest des heiligen Josefs des Arbeiters und am Tag der Arbeit hat Papst Franziskus mit Nachdruck betont, dass jeder Mensch ein Anrecht auf Arbeit und faire Behandlung habe. Jedes Unrecht, das einem arbeitenden Menschen angetan werde, bedeute, die Menschenwürde mit Füßen zu treten, auch die Würde derer, die Unrecht tun. In seiner Gebetsintention zu Beginn der Messfeier an diesem Freitag in der Casa Santa Marta sagte der Papst, wenn man das Niveau beim Umgang mit Arbeitern senke, dann lande man in einer Spannung wie „zwischen Herrscher und Sklave“. Und dies sei nicht gut für das Zusammenleben der Menschen. Papst Franziskus widmete die Heilige Messe allen Arbeitern, „damit es niemandem an Arbeit mangelt, damit alle gerecht entlohnt werden, damit sie die Würde der Arbeit und die Schönheit der Ruhe genießen können“.

Bei der Messe in Santa Marta wurde eine Statue des Heiligen Josef des Handwerkers aufgestellt, die die Christlichen Vereinigungen italienischer Arbeiter (ACLI) dem Papst für den Gottesdienst an diesem 1. Mai zuvor gebracht hatten. Es ist dieselbe Statue, die die Vertreter von ACLI am 1. Mai 1956 anlässlich der von Pius XII. gefeierten Messe auf den Petersplatz brachte. Dieselbe Statue war auch zur Audienz bei Papst Franziskus am 23. Mai 2015 dabei.

Die Lesungen des Tages sind die des kirchlichen Festes des heiligen Josef, dessen 150. Jahrestag seiner Proklamation zum Schutzpatron der Kirche in diesem Jahr gefeiert wird. Papst Franziskus begann bei seinen Überlegungen mit der Ersten Lesung, d.h. mit dem Abschnitt aus der Genesis (Gen 1, 26 - 2, 3), und sprach über die Schöpfung: „Das Wort Arbeit ist das, was die Bibel benutzt, um das Wirken Gottes zu beschreiben. Gott vollendete das Werk, das er geschaffen hatte, und am siebten Tag beendete er all seine Arbeit und übergab diese Tätigkeit dem Menschen, der daran arbeiten muss, mit Gott diese Welt weiter zu 'erschaffen'.“
Der Mensch ist ein Schöpfer - Aus diesem Grund, so Papst Franziskus weiter, „ist der Mensch ein Schöpfer“, und deshalb hat die Arbeit „in sich selbst eine Güte, schafft die Harmonie der Dinge und bezieht den Menschen in seiner Gesamtheit mit ein, in sein Denken, in sein Fühlen, in sein Handeln“. Papst Franziskus betonte, dass die Arbeit die „Berufung des Menschen“ ist, und dies gebe dem Menschen „Würde“ und mache ihn Gott ähnlich.
Aber die Würde der Arbeit werde heutzutage „so sehr mit Füßen getreten“, sagte Papst Franziskus. Er erinnerte an die Sklavenschiffe, die seinerzeit nach Amerika fuhren, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass es auch heute noch Sklaverei gibt: „Männer und Frauen, die zur Arbeit gezwungen sind, um zu überleben. Zwangsarbeit! Unfair, schlecht bezahlt und das führt dazu, dass der Mensch in seiner Würde mit Füßen getreten wird“. Die Nicht-Würde von heute - Dies seien keine Ereignisse, die sich in der Ferne abspielten, erläuterte Papst Franziskus, denn selbst in unserer Nähe gebe es schlecht bezahlte Arbeitsplätze, ohne Sicherheit, ohne Rente. Dies sei „die Nicht-Würde von heute“, und aus diesem Grund „tritt jede Ungerechtigkeit, die einem Menschen, der arbeitet, angetan wird, die Menschenwürde mit Füßen“. 

Papst Franziskus wies auf die Schönheit der Berufung des Menschen zur Arbeit hin: „Schaffen, erzeugen, arbeiten. Man kann arbeiten, wenn die Bedingungen stimmen und die Würde der Person respektiert wird.“

Am Tag der Arbeit, der von „Gläubigen und Nicht-Gläubigen“ gefeiert werde, lud der Papst daher ein, sich jenen anzuschließen, „die für Gerechtigkeit in der Arbeit und gute Unternehmer kämpfen, die ihre Arbeit mit Gerechtigkeit verrichten, auch wenn sie Geld verlieren“. Und er betete, dass der heilige Josef „uns hilft, für die Würde der Arbeit zu kämpfen“.

(vatican news)